Aktuelles

Deutschland nach den Wahlen

Zur Lage in Deutschland nach der Bundestagswahl 2025:

Erfolge der Rechten – Schlappe für die SPD – Wiederauferstehung der LINKEN – Kriegswirtschaft

(Von Thies Gleiss)

Nach einem für deutsche Verhältnisse lautstarkem Wahlkampf haben die Wählerinnen und Wähler am 23. Februar ein Ergebnis der Bundestagswahlen hinterlassen, das politisch relativ eindeutig ist, aber eine Regierungsbildung nicht einfach macht. Bemerkenswert ist auch, dass die politische Polarisierung zu einer signifikanten Erhöhung der Wahlbeteiligung auf 82,5 Prozent gesorgt hat. Neuer Kanzler wird voraussichtlich der rechte Hardliner der CDU, Friedrich Merz. Er favorisiert, und hat auch kaum eine andere Wahl, eine Koalition mit der SPD, die sich erstaunlich schnell zu Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen bereit erklärt hat. Zögern und Debattieren in der SPD, wie beim letzten Einstieg in eine Koalition mit der CDU, blieben diesmal aus. Merz als leicht erregbarer und Politiker ohne Erfahrung in einem Regierungsamt wird dennoch Mühe haben, eine ganze Amtsperiode durchzustehen, wie die wahrscheinliche Siegerin in einem solchen Szenario, Alice Weidel von der „Alternative für Deutschland (AfD), schon frohlockte.

Das Wahlergebnis reiht Deutschland in die große Gruppe der Länder Europas und auch in anderen Teilen der Welt ein, in denen rechts-nationalistische und nach rechts geschwenkte konservative Parteien die Wahlen gewinnen. Gut 14 Millionen Stimmen und 28,6 Prozent für die CDU/CSU sowie 10,3 Millionen Stimmen und 20,8 Prozent für die AfD stehen für einen Rechtsruck und versammeln knapp die Hälfte der Wähler:innen hinter sich. Diese Stimmen, vor allem für die AfD, sind nicht mehr als Denkzettel oder Proteststimmen zu erklären, sondern drücken ein klares nach rechts und „Deutschland zuerst-Politik“ gerücktes Massenbewusstsein aus.

Im Zentrum der Wahlauseinandersetzungen stand eine scharfe Ausgrenzungspolitik und rassistische Kampagne gegen Migrant:innen und Geflüchtete. Die dabei vorgeschlagenen Maßnahmen zur faktischen Abschaffung des Asylrechts, für verschärfte Abschiebepraxis mit Inhaftierungen von ganzen Familien, für Abschaffung von Sozialleistungen für Geflüchtete und was sonst alles noch an Schikanen ausgetüftelt wurde, stellen eine reale Bedrohung für Leib und Leben von Zehntausenden in Deutschland lebender Menschen dar. Selbst dann, wenn die schlimmsten dieser Vorhaben an praktischen oder juristischen Hürden scheitern sollten, so bedeutet diese politische Zuspitzung eine tiefgreifende Entsolidarisierung und eine neue Stufe der Ausgrenzungspolitik in der Gesellschaft. Treibende Kraft und lautstarke Schreierin auch im vorparlamentarischen Raum ist die AfD. Sie treibt mit ihren konkreten Forderungen die anderen Parteien, einschließlich der GRÜNEN, vor sich her, und jeden Tag bestätigt sich, dass der praktische Vollzug rechter Politik, die Anhänger:innenschaft der AfD nicht mindert, sondern stärkt. Fünf Wochen nach der Bundestagswahl wurde die AfD in den Wahlumfragen erstmals bundesweit gleich stark wie die CDU/CSU. Das zweite große Wahlkampfthema war die geplante massive Aufrüstung und Militarisierung der Politik im Schatten des Krieges in der Ukraine. Auch wenn die AfD sich im Rahmen ihrer nationalistischen Politik gegen den Kriegskurs der Regierung stellte, weil kein Geld für einen nicht-deutschen Krieg verpulvert werden soll, so hat sie keine Differenz zu den Regierungsparteien in Fragen der Nato, Bundeswehr und einer angeblich nötigen Aufrüstung. Sie unterstützt die US-Regierung in der Forderung nach 5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für die Rüstung. In der Schlussphase des Wahlkampfes erhielt die AfD noch einen Schub durch die veränderte Kriegspolitik der US-Regierung unter Trump gegenüber der Ukraine und die offene Werbung für die AfD durch den US-Vizepräsidenten.

Noch bevor die neue Regierung gebildet wurde und in skandalöser Ausnutzung der Mehrheiten des alten, abgewählten Bundestages, gab es als erste Amtshandlung der NochNicht-Regierung mit Unterstützung der GRÜNEN und FDP (die im neuen Bundestag gar nicht mehr beteiligt ist, weil sie die Fünfprozentklausel verpasste) die größte Neuverschuldungsaktion in der Geschichte der Bundesrepublik. Die sogenannte „Schuldenbremse“, die im Grundgesetz und fast allen Länderverfassungen verankert ist, wurde mit der im alten Bundestag noch erreichbaren und notwendigen Zweidrittelmehrheit für sämtliche Rüstungsausgaben über 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukt aufgehoben. Ohne zeitliche und finanzielle Begrenzung kann jetzt die von allen Parteien außer den LINKEN und dem BSW geforderte „Kriegsertüchtigung“ möglich gemacht werden. Es sind – wie es auf Protestplakaten des BSW im Bundestag hieß – Kriegskredite, die bewilligt wurden mit einer ähnlich traurigen Rolle der SPD wie 1914. Überall sprießen jetzt die Blüten einer neuen Kriegswirtschaft: Brücken sollen panzergerecht ausgebaut werden; Krankenhäuser planen OP-Säle in bombensicheren Bunkern; die unter Klimapolitik leidende Automobilindustrie preist sich als neues Investitionsfeld für die Waffenproduktion an; die Beschaffungsprogramme der Bundeswehr, einschließlich bewaffneter Drohnen, Kamikazedrohnen und neuer Armeeteile für den Cyberkrieg, werden in alle Richtungen ausgebaut; eine breite Debatte über eine Wiederbelebung der Wehrpflicht wird gesamtgesellschaftlich und in den Fernsehtalkshows eingeleitet.

Um die Zustimmung der GRÜNEN und der Bundesländer zu erreichen, wurde zusätzlich ein Sondervermögen, das auch nicht bei der Schuldenbremsenberechnung herangezogen wird, für Infrastrukturmaßnahmen in Höhe von 500 Mrd. Euro beschlossen. Das kann in den Träumen der GRÜNEN – und auch von vier Ministerinnen der LINKEN, die in zwei Landesregierungen mit der SPD und den GRÜNEN sitzen und im Bundesrat diesen Krediten und Verschuldung zustimmten – für soziale Investitionen in den Kommunen, also Schulen, Frauenhäuser, Gesundheitseinrichtungen, Schwimmbäder, ausgegeben werden – in Wahrheit aber vor allem auch nur zur Kriegsertüchtigung der maroden Infrastruktur, also Straßenbau, Sicherheitsanlagen und Energieversorgung verpulvert werden wird.

Kein Lagerwahlkampf

Die SPD und die GRÜNEN, die maßgeblichen Parteien in der gescheiterten „AmpelRegierung“, waren in diesem Wahlkampf ganz sicher nicht „das alternative Lager“ zu CDU, FDP und AfD. In Sachen Migrationspolitik liefen sie der AfD bereitwillig hinterher. Ihre konkrete Politik im Rahmen der EU (GEAS-Vereinbarungen) und in Sachen Abschiebepraxis und Schikanen gegen Geflüchtete nimmt die AfD-Forderungen im Grunde nur vorweg.

Bei der Militarisierung der Politik und der massiven Aufrüstung der Armee waren es die Sozialdemokratie und ihr Kanzler Scholz, die den Vorreiter machten. Angefeuert wurden sie dabei von den GRÜNEN, die nicht nur das Außenministerium hielten, sondern in einer Art vorauseilendem Gehorsam fast mit Gewalttätigkeit gegen sich selbst die letzten Reste von Pazifismus und Antimilitarismus aus der grünen Geschichte entsorgten.

In den Wahlkampagnen der letzten Wochen versuchten beide Parteien vergeblich, ein wenig ihre „soziale Seite“ zu zeigen und bespielten Themen wie Mindestlohn, Renten, Mieten und Preissteigerungen. Aber das war beim konkreten Gehampel der Ampel schlicht unglaubwürdig. Es war nämlich nicht nur die böse FDP, die angeblich eine Erhöhung des Mindestlohnes, das versprochene Klimageld, die Erhöhung des Rentenniveaus, die Verbesserung im Wohnungsbau und vieles mehr verhinderte, sondern bewusste Politik der beiden politisch führenden Parteien in der Koalition. Offenkundig hat niemand diese neue Rolle als Verteidiger der Interessen der normalen Leute geglaubt.

Dass beide Parteien schlechter abschnitten als zuvor ist die verdiente Quittung. Die SPD erhielt mit 8,1 Millionen Stimmen und 16,4 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis seit 1890. Die GRÜNEN erreichten noch 11,6 Prozent mit 5,7 Millionen Stimmen. Es ist – das sei allen Freunden der toten „Rot-Rot-Grün-Regierungs-Idee“ ins Stammbuch geschrieben – auch absolut unwahrscheinlich, dass sich an dieser pro-kapitalistischen und militaristischen Grundhaltung von SPD und GRÜNE in naher Zukunft irgendetwas ändert. Die SPD ist und die GRÜNEN wären sofort zu einer Koalition mit der CDU bereit.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)Zu den prokapitalistischen, neokonservativen Parteien in Deutschland muss auch das aus einer Abspaltung von der LINKEN entstandene Bündnis Sahra Wagenknecht gezählt werden. Ihre sächsische Spitzenkandidatin, die frühere Gewerkschaftssekretärin Sabine Zimmermann, hat eine nie bestrittene, aber rege bestätigte Selbsteinschätzung der neuen Partei gegeben: „Das BSW ist links von der CDU, aber rechts von der SPD“. Nach den Erfolgen bei den Wahlen zum Europaparlament von 2024 und drei Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern wurde von fast allen Beobachter:innen und vom BSW selbst fest davon ausgegangen, dass das BSW die Fünfprozentklausel locker überspringt und in den neuen Bundestag in Fraktionsstärke einzieht. In Thüringen und Brandenburg trat das BSW in Koalitionsregierungen mit der CDU beziehungsweise in Brandenburg mit SPD ein. Sie reihte sich geräuschlos in die kapitalistische Krisenverwaltung in diesen beiden Bundesländern ein und als einziges Zugeständnis wurde in den Koalitionsvereinbarungen geschrieben, dass der Frieden ein gemeinsames politisches Ziel sei. Das hat immerhin dafür gereicht, dass sich diese zwei Landesregierungen im Bundesrat bei der Abstimmung über die Grundgesetzänderung für das Aufrüstungspaket der Stimme enthielten, was aber nicht die Mehrheit im Sinne der SPD und CDU gefährdete. Andere Projekte zur weiteren Militarisierung der Politik in diesen Ländern (neue Bundeswehrstandorte, Friedensauftrag in den Universitäten) wurden vom BSW durchgewunken.

Die konkrete und vor allem so geräuschlose Regierungsbeteiligung in den Ländern, vor allem in Thüringen mit der ersten Kriegspartei CDU, hat in der Anhänger:innenschaft des BSW zu großer Verunsicherung geführt. Sogar richtig auf massive Kritik stießen die Methoden des Parteiaufbaus beim BSW. Aus Angst, falsche Leute anzuziehen, die das extrem auf die mediale Kunstfigur Sahra Wagenknecht ausgerichtete Projekt gefährden könnten, wurden neue Mitglieder nur in einem strengen Ausleseverfahren in die Partei gelassen. Bis heute hatdas BSW deshalb nur 1500 vollwertige Mitglieder, tausende andere Unterstützer:innen dürfen nur Geld spenden, Plakate aufhängen oder Flyer verteilen.

Das BSW trat im Wahlkampf mit zwei Themen auf. Allen voran eine aggressive rassistische Politik gegen Migration und Migrant:innen, die sich kaum von der der AfD mehr unterschied. Damit schloss sich das BSW aus den großen Demonstrationen gegen die AfD vom Frühjahr 2024 und vor allem gegen die AfD und Friedrich Merz ‚ parlamentarische Taktik gegenüber der AFD in der Schlussphase des Wahlkampfes aus. Das waren zweimal die größten außerparlamentarischen Mobilisierungen in Deutschland mit insgesamt drei Millionen Beteiligten. Insbesondere die zweite Welle dieser Demonstrationen ist verantwortlich dafür, dass die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen ein Rekordhoch erreichte und dass es diemal die LINKE war, die davon am meisten profitierte, während das BSW davon nichts gewinnen konnte.

Das zweite große Thema des BSW ist der „Frieden“. Wohlgemerkt nicht der konkrete Kampf gegen die Militarisierung der Gesellschaft, gegen die Aufrüstung und den Krieg als logisches Resultat des Kapitalismus, sondern nur moralisch für den Frieden. Das ist sicherlich edel vom Gemüt, reicht aber in der konkreten Auseinandersetzung nicht aus. Für „Frieden“ sind sie ja schließlich alle, auch die, die ihn mit Rüstung und Krieg erreichen wollen. Diese moralisierende Reduktion der Kriegsfrage kam den großen Parteien sehr entgegen, die einen Wahlkampf für Rüstung und Solidarität mit der Ukraine führen, aber das große Thema von Kapitalismus und Krieg penibel vermeiden wollten. So konnte das BSW selbst mit ihrem Herzensthema nicht wirklich punkten. Zumal auf der Ebene der Moral der Krieg gegen die Flüchtlinge und der Aufbau der Grenztruppe Frontex in der EU genauso verachtenswert ist, aber vom BSW voll unterstützt wird.

Das BSW ist mehr als jede andere Parteineugründung in der Bundesrepublik von den großen bürgerlichen Medien gehätschelt und hochgeschrieben worden. Sahra Wagenknecht ist seit Jahren Lieblingsgast in allen Talkshows gewesen. In dieser Hinsicht drehte sich im Laufe des Wahlkampfes der Wind sehr deutlich. Aber kann das wirklich verwundern? Das BSW wurde plötzlich nicht mehr als neokonservativer Kronzeuge gegen linke Kräfte, als angeblich realpolitisch notwendige Abspaltung von den LINKEN-Fundis, behandelt, sondern als Konkurrent um Parlaments- und Regierungspfründe angesehen. Kritische Stimmen aus dem BSW wurden von den großen Medien gesucht und gefunden.

Die nationalistische, „linkskonservative“ Abspaltung von der LINKEN, das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ musste bei diesen Wahlen deshalb lernen, dass sämtliche ihrer politischen Prämissen und Projekte, die zur Gründung ihres Ladens führten, ebenso komplett falsch waren wie die konkrete Durchführung bürokratisch, undemokratisch und abschreckend. Das BSW ist an sich selbst gescheitert und hat mit 2,5 Millionen Stimmen und 4,9 Prozent die Fünfprozentklausel sehr knapp nicht überwinden können. Aber gerade dieser enge Ausgang verstärkt die demoralisierende Wirkung auf das BSW und seine Wähler:innenschaft. Jetzt macht das BSW einen nächsten Fehler, weil es mit Verschwörungstheorien in der Öffentlichkeit arbeitet, nach denen dem BSW sein Wahlerfolg angeblich gestohlen wurde.

Auferstanden aus Ruinen

Größte Überraschung bei diesen Wahlen und ein bei den unmittelbar Beteiligten selbst unverhoffter Glücksbringer ist das Ergebnis der LINKEN. Sie holt 4,4 Millionen Stimmen und 8,8 Prozent, was den Einzug in Fraktionsstärke und mit mehr als doppelt so vielen (64) Abgeordneten wie in der letzten Periode in den neuen Bundestag bedeutet. Der ursprüngliche Plan, diesen Einzug vor allem mit dem Gewinn von drei Direktmandaten zu erreichen, wurde auch übererfüllt. Jetzt sind es sechs direkt gewonnene Wahlkreise. Von den bekannten, die Wahlkämpfe prägenden Sekundärfaktoren – gute Kandidat:innen, Entschlossenheit in den Themen, nachvollziehbare Forderungen und klare Abgrenzung von den anderen Parteien – stimmte bei der LINKEN diesmal alles. Insbesondere Heidi Reichinnek war eine charismatische, vor allem in den digitalen Formaten wirksame Kandidatin, wodurch der große Erfolg bei Jung- und Erstwähler:innen ermöglicht wurde. Auch Ines Schwerdtner und Ferat Koçak haben mit ihren Teams eine hervorragende Kampagne auf die Beine gebracht. Aber ausschlaggebend für den Erfolg waren nicht Plakate, Flyer und Führungsfiguren, sondern die wirklichen Menschen, die sich zu Tausenden der Partei anschlossen und eine echte, physisch erlebbare Wahlkampagne organisierten. Es wurden 600.000 Hausbesuche absolviert, die jungen Aktivist:innen lernten zuhören und zeigten eine LINKE, die bei Mieten, Heizungskosten und Renten als praktisch unterstützende Einrichtung nützlich ist. Es war gleichzeitig – erstmals in der Geschichte der LINKEN und erfreulicherweise auch so gut wie gar nicht von der zentralen Wahlkampfleitung gebremst – die Erfahrung von Politik in der ersten Person, des „Jetzt-wählen-wir-uns-selber“, die im Wahlkampf dominierten. Das ermöglichte ein gleichzeitiges Aufgreifen der „sozialen Fragen“ durch die LINKE, fast als einzige Partei, mit einem angemessenen Reagieren auf die von außen kommenden Fragen zu Krieg, Aufrüstung und Migration.

Einige politische Beobachter:innen sprechen zurecht von einer realen „Wahlbewegung“ zugunsten der LINKEN. Das gab es in Nachkriegs-Deutschland vorher nur zweimal: Die Wahlkampagne von Willy Brandt und der SPD 1972 und vor allem die Wahlkampagnen der GRÜNEN 1980 bis 1983.

Die Mitgliedszahlen der LINKEN haben sich bis heute mehr als verdoppelt, mehrere Landesverbände erreichen ein Allzeithoch an Mitgliedern und selbst in den Ostbundesländern, die jahrelang nur Mitglieder verloren, gehen die Eintrittszahlen rasant nach oben. Die LINKE hat jetzt fast 120.000 Mitglieder. Das sind mehr als die FDP, mehr als die CSU, geringfügig weniger als die GRÜNEN. SPD und CDU haben beide 390.000 Mitglieder.

Dieser Aufschwung als reale gesellschaftliche Kraft muss jetzt stabilisiert und ausgebaut werden. Dauerhafte Strukturen vor Ort sind aufzubauen, interventionsfähige Gruppen, die in den Gewerkschaften und anderen sozialen Bewegungen organisiert kollektiv arbeiten, sind jetzt wichtig. Dazu kommt eine große Anstrengung an innerparteilicher Bildung, um das jetzt ausgelöste neue linke Selbstbewusstsein politisch zu festigen und als nachhaltige Power einer wirklich sozialistischen und antikapitalistischen Partei zu erhalten. Gleichzeitig darf die neue Fraktion im Bundestag nicht sofort in den alten Trott der Bartsch, Ramelow und Gysi verfallen und sich wieder als Bündnispartnerin oder auch nur als Korrekturfaktor für SPD und GRÜNE anpreisen. Die großen politischen Fragen – Kampf gegen Krieg und Militarisierung, für soziale Gerechtigkeit und höhere Löhne und Renten, gegen die Zerstörung des Klimas – benötigen eine schlagkräftige und lautstarke Opposition gegen die Parteien des Kapitals. Die gesellschaftliche Mobilisierung gegen rechts wird auch nur mit einer konsequenten antifaschistischen Opposition im Parlament vorwärts gehen. Gegen Rechts hilft nur Links.

Strukturell dürfen auch die Forderungen und Vorschläge aus den letzten Monaten, wie eine linke Partei den „zähmenden“ und bremsenden Einfluss der Parlamentsarbeit reduzieren kann, nicht vergessen werden. Das bedeutet Befristung der Mandate, Trennung von Parlaments- und Parteiämtern, keine Ämterhäufung und Rotation bei politisch Hauptamtlichen. Die entsprechenden Debatten müssen fortgesetzt und in Beschlüsse umgesetzt werden.

Der LINKEN ist eine neue Chance eröffnet worden, einen nächsten Schritt im Aufbau einer breit gesellschaftlich verankerten, systemoppositionellen sozialistischen Partei zu gehen. Nutzen wir diese Chance!

Thies Gleiss, April 2025

Ein Kommentar

  • Karin May

    Eine sehr gute Analyse vor- während-, und nach der Bundestagswahl.
    Es ist eine riesige Herausforderung, den kapitalistischen sozialen Verwerfungen, der rechten Hetze und Gewalt, der massiven Aufrüstung und Kriegsvorbereitung einen entschiedenen Widerstand entgegen
    zusetzenden und den Filz zwischen Wirtschaft, Militär und Politik in Gestalt des Militärisch-Industriellen Komplexes offen zu legen.