Stellungnahme des BSPR der AKL zum Beschluss des Jugendverbandes und Reaktionen aus der Partei

Die Linksjugend(solid) hat auf ihrem Bundeskongress mit einer Mehrheit von 70% den Antrag A12 „Nie wieder zu einem Völkermord schweigen“ beschlossen. Darin heißt es u.a. „Konfrontiert mit einem Völkermord, haben wir als linker Jugendverband versagt.“ Es wird zu einer Änderung der bisherigen Haltung von Jugendverband und auch Partei Die Linke aufgerufen, die eine deutlichere Kritik an der israelischen Regierung und Armee in den Mittelpunkt stellt.
Gleich nach diesem Beschluss wurde von einigen Mitglieder der Linken und der Springer-Presse eine Hetzkampagne gegen die Linksjugend losgetreten mit dem Tenor, dieser Beschluss sei antisemitisch.
Nun ist es nichts Neues in diesem Land der Staatsräson mit Israel, dass Kritik an der israelischen Regierung und der Kriegsführung der IDF als antisemitisch gebrandmarkt wird, obwohl sowohl die UN als auch anerkannte Menschenrechtsorganisationen das Vorgehen Israels in Gaza als Genozid einstufen. Deshalb wurde es Zeit, dass auch die Partei Die Linke und die Linksjugend sich dem anschließen.
Die Partei Die LINKE hat in Sachen Israel-Palästina in den letzten Monaten einen erfreulichen Lernprozess durchgemacht, an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass weder die deutsche noch die israelische Staatsräson Richtschnur für linkes Handeln sein können und dürfen. Zusammen mit Millionen Menschen, überwiegend aus der Arbeiter:innenklasse fast aller Länder, und auch zahlreichen Regierungen und Institutionen wie UN und Weltkirchen hat die LINKE begriffen, dass es angesichts des aktuellen Gaza-Krieges keine Äquidistanz zu der israelischen Regierung und zur Bevölkerung Palästinas und deren Organisationen geben kann. Ein palästinensischer Staat hat noch gar keine Existenz und die des israelischen Staates wird in dieser Form und mit dieser Kriegslogik garantiert keine Zukunft haben. Regierung und Armee Israels sind heute weltweit zurecht ähnlich isoliert wie seinerzeit das Regime in Südafrika. Das ist die Basis für unsere heutige Parteilichkeit auf Seiten Palästinas.
Wir haben gelernt”, war die richtige Feststellung unserer Vorsitzenden Ines Schwerdtner auf der Berliner Demonstration „#zusammen für Gaza“ am 27.September 2025. Sie findet sich auch in der vom Jugendverband beschlossenen Resolution.
Diese Resolution ist nicht antisemitisch, das hat auch die Mehrheit im Parteivorstand auf einer außerordentlichen Sitzung am 5.11.2025 festgestellt. Wenige andere behaupteten, sie hätte eine „antisemitische Wirkung“, fragen wir uns, was das heißen mag und wie das dem Jugendverband angelastet werden kann? Eine Minderheit sah in der Resolution „Antisemitismus“. Grundlage dafür ist eine extrem Israel-freundliche Auslegung der IHRA-Definition von Antisemitismus. Der Bundesparteitag der LINKEN in Chemnitz hat zurecht gerade diese Definition kritisiert und beschlossen, sie nicht mehr zur Grundlage der Politik der Partei zu machen, sondern die Jerusalemer Erklärung.
Das Jugendverbände schärfer formulierte Inhalte als die Partei haben, ist nichts Neues und das gute Recht von Jugendverbänden. Lange Zeit haben Israel kritiklos verteidigende Menschen den Ton in der Linksjugend und die Mehrheitsbeschlüsse bestimmt, die häufig auch im Gegensatz zur Partei standen. Und ebenso häufig waren die Bundeskongresse mit Stimmungsmache gegen Andersdenkende verbunden. Auf einmal soll der Parteivorstand über Beschlüsse der Linksjugend richten? Das kann doch wohl nicht der Ernst einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten sein, die eine Verurteilung des Beschlusses des Jugendverbandes durch den Parteivorstand forderten, und das Ganze sofort brühwarm über die rechtesten Presseorgane verbreiten.
Die Stellungnahme der Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken vom 06. November 2025 ist der absurde Versuch, es diesen nicht gerade LINKE-freundlichen Medien recht zu machen. Es wäre gut gewesen, wenn sie sich an Parteitagsbeschlüsse – z.B. der Antisemitismus-Definition der Jerusalem-Deklaration – gehalten und ansonsten Beschlüsse des Jugendverbandes nicht kommentiert hätten.
Unabhängig davon sollte der Jugendverband über eine solidarische Diskurs- und Entscheidungskultur nachdenken und beraten. Diese Inszenierung von Debatte als „Kampf zweier Linien“, bei dem Minderheiten zu verschwinden haben und drangsaliert werden können, ist alles andere als links und sozialistisch. Noch vor wenigen Jahren waren die Mehrheitsverhältnisse in der Linksjugend genau umgekehrt zu heute, die damalige Mehrheit hat aber genauso gegen Minderheiten gewütet.
Die neuen Mehrheiten in der Linksjugend/solid sollten es besser machen.
Bundessprecher:innenrat der Antikapitalistischen Linken in der Partei Die Linke.